Diskussion zur geplanten Eigenverbauchsumlage auf Strom im EEG

Nach aktuellem Sachstand soll die EEG-Umlage auch auf selbst verbrauchten Strom aus PV-Anlagen anfallen. Damit wird die Eigenerzeugung zusätzlich belastet. Kritiker bezeichnen diese Maßnahme als eine Maßnahme, Sonnenstrom nun erstmals künstlich zu verteuern, statt zu verbilligen. Es ist zu befürchten, dass diese Maßnahme den Ausbau der Photovoltaik in Deutschland weitgehend einbrechen lassen wird. Neben Binnenwind ist die Photovoltaik aber derzeit der Energieträger mit dem meisten Potential und der besten Kostenentwicklung.        

Einige Argumente, die gegen eine Belastung des Eigenverbrauchs sprechen:

  1. Die Belegung des Eigenverbrauchs mit einer Umlage führt zu keiner messbaren Kostenentlastung aller Stromverbraucher (Berechnungsmodelle des bsw).
  2. Die Größenordnung des Eigenverbrauchs in der PV ist vollkommen untergeordnet. Momentan 3 TWh, im Ausbaustadium möglicherweise 6 TWh stehen 40 TWh Eigenverbrauch in der Industrie entgegen und zusätzlich noch weitere 40 TWh im Kraftwerks-Eigenverbrauch. Es ist daher unverständlich, gerade diesen Anteil zu belasten, während z.B. der Kraftwerks-Eigenverbrauch ohne EEG-Umlage bleiben soll.
  3. Die Schlechterstellung der PV im Vergleich zum industriellen Kraftwerkspark und zum Eigenverbrauch der Kraftwerke ist rechtlich nicht zu begründen und kann und wird auch keinen gesellschaftlichen Konsens finden.
  4. Anlagen im Eigenverbrauch führen aufgrund der Finanzierungsstruktur zu den mit Abstand schnellsten Erfolgen in der Umsetzung der Energiewende bei minimaler Belastung von Steuermitteln und öffentlichen Fördermitteln. Die bisherigen Erfolge und Investitionen im Bereich erneuerbarer Energien (Energie in der Hand von Bürgern, Kommunen und Genossenschaften) zeigen dies ganz deutlich.
  5. Dezentrale Anlagen im Eigenverbrauch führen zu einem schnellen und positiven Kapitalrückfluss an den Staat, da die späteren Gewinne über die Gesamtbilanz der mittelständischen Unternehmen im Durchschnitt mit einem weit höheren Steuersatz belegt werden als dies bei internationalen Großkonzernen der Fall wäre. Dieser volkswirtschaftlich sehr wichtige Aspekt wird meistens zu wenig betrachtet.
  6. Das Potential der gesamtenergetischen Effektivitätserhöhung wird bei der Umsetzung dezentraler Projekte weit besser genutzt, als dies bei zentralen Projekten der Fall wäre, da bei der Planung solchen Projekte i.a. intelligente und individuelle Gesamtkonzepte unter Betrachtung aller Aspekte (Strom, Heizung, Beleuchtung, Mobilität, Materialflüsse usw.) erarbeitet werden.
  7. Technisch kann eine Belastung des Eigenverbrauchs gar nicht realistisch flächendeckend umgesetzt werden. Da Teilnetze ohne Anschluss zum öffentlichen Netz gesetzlich von einer Umlage immer ausgeschlossen sein werden, wird die Umlage in sehr kurzer Zeit dazu führen, dass solche Teilnetze einfach ausgegliedert und als Inselnetze betrieben werden. Die verbleibenden volatilen Bereiche werden dann weiterhin die öffentliche Leistungsbereitstellung in Anspruch nehmen. Damit erreicht man das Gegenteil dessen, was mit der Umlage bezweckt werden sollte – eine gerechtere Verteilung der Lasten für die Leistungsbereitstellung.
  8. Eine Umlagebeteiligung von z.B. 10 oder 15% wäre zwar für die Anlagenbetreiber auf den ersten Blick wirtschaftlich tragbar, aber der Aufwand der Messung und Abrechnung überwiegt hier den Spareffekt bei weitem, da er gerade kleine Anlagen mit hohen Fixkosten belastet.  
  9. Politisch gefordert wird in den letzten Jahren immer die weitere Entwicklung der Elektromobilität. Elektromobilität macht nur in Verbindung mit erneuerbaren Energien Sinn, diese Kombination wird sich nur dann weiterentwickeln, wenn sich auch durch hohe Eigenverbrauchsanteile kostengünstiger Erneuerbarer Energieträger wirtschaftliche Anreize bieten. Des Elektroauto an der eigenen PV-Anlage – geladen zu einem hohen Prozentsatz im Eigenverbrauch – nur in dieser Kombination wird sich der Markt von selbst entwickeln!
  10. Politisch gefordert und technisch absolut notwendig ist die Entwicklung von Speichertechnologie! Für Speicher im Haushalt gibt es sogar ein Förderprogramm.
  11. Hier wäre eine Belastung des Eigenverbrauchs absolut kontraproduktiv zur monetären Förderung der Speicher.
  12. Eine dynamische Entwicklung kann hier nicht durch Förderung erreicht werden, sondern dadurch, dass man „den Markt gewähren lässt“. Der Anreiz für den Speicher muss die Erhöhung des Eigenverbrauches sein.
  13. Das sehr große volkswirtschaftliche, politische und sicherheitsrelevante Risiko eines totalen „Blackouts“ – auch z.B. durch terroristische Angriffe auf Kraftwerke oder Informationsnetze kann durch intelligente dezentrale Einheiten auf ein Minimum reduziert werden. Deshalb sind dezentrale Einheiten in Zukunft so zu gestalten, dass sie – zur Not auch in reduzierter Funktionalität - in jedem Falle auch im Inselbetrieb gefahren werden können und bei Ausfällen in kleinen Einheiten „schwarzstartfähig“ sind. Der durch einen solchen Netzausbau mögliche gesellschaftliche und politische Stabilitätsgewinn kann monetär realistisch fast nicht hoch genug bewertet werden. Die dezentrale Energiewende bietet die Chance, diese Netzstrukturen von Grund auf neu zu konzipieren und aufzubauen.
  14. Die Erarbeitung solcher dezentraler Kontroll- und Steuerungsmechanismen könnte für Deutschland der größte „Exportschlager“ der nächsten Jahrzehnte in alle Welt werden.
  15. Sollte das politische Ziel sein, eine weitere Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien zu verhindern, ist eine Belastung des Eigenverbrauchs vielleicht das richtige Mittel. In diesem Zusammenhang ist auch nicht zuletzt die ständig steigende Komplextät des EEG, die von Novelle zu Novelle stetig steigende Unsicherheit und die dadurch immer weiter fallende Investitionssicherheit zu nennen.
  16. Möchte man aber politisch den Anteil den Erneuerbaren tatsächlich erhöhen, um den Klimawandel zu begrenzen, die politische Abhängigkeit von Energieimporten zu verringern, die Volkswirtschaft langfristig zu entlassen und die Ressourcen zu sparen, so kann das nur über Anlagen erfolgen, die wirtschaftlich auch umsetzbar sind, denn andere Anlagen werden nicht gebaut.
  17. Dies sind im PV-Bereich mittlerweile fast ausschließlich dezentrale Anlagen mit einem hohen Eigenverbrauchsanteil.


Das schnellste, effektivste und volkswirtschaftlich günstigste Energieerzeugungskonzept heißt deshalb: So intelligent und optimal dezentral wie möglich, so zentral wie (noch) notwendig.

Nach wie vor notwendige zentrale Funktionen bzw. Funktionen in größeren Einheiten werden in jedem Fall die saisonale Energiespeicherung, der Betrieb der Netze, das Energie- und Leistungsmanagement mit den Nachbarländern und insbesondere die Sicherstellung der Versorgungssicherheit sein. Diese Aufgaben sollten als Daseinsvorsorge ggfs. unter staatliche Kontrolle gestellt werden. Allerdings könnten auch diese Aufgaben mit dem sukzessiven Erreichen des 100%-Zieles auch nach und nach von den dezentralen Einheiten übernommen werden.

(Autor: Hans Urban)